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Eintragung von bedingten Geschäften im Grundbuch

Sachverhalt
Eine Urkundsperson im Kanton Aargau beurkundete am 21. Juni 2016 einen Vertrag, mit welchem ein Wohnrecht begründet werden sollte. Gemäss Vertrag räumte der Alleineigentümer einer Liegenschaft seiner Lebenspartnerin unentgeltlich ein lebenslängliches und ausschliessliches Wohnrecht gemäss Art. 776 ff. ZGB ein. Das Wohnrecht sollte sich auf das gesamte Zweifamilienhaus mit dem ganzen Umschwung beziehen. Gemäss Vertrag sollte das Wohnrecht erst nach dem Ableben des Alleineigentümers Gültigkeit erlangen. Zudem sollte das Wohnrecht gelöscht werden, falls die Wohngemeinschaft der Parteien – vor dem Tod – aufgelöst werden sollte. Die Urkundsperson meldete das Wohnrecht in der Folge dem Grundbuchamt zur Eintragung an. Die Grundbuchverwalterin wies die Anmeldung aber ab. Beschwerden gegen diese Abweisung im Kanton Aargau blieben erfolglos.

Streitgegenstand / Problemstellung
Zu entscheiden war die Frage, ob ein Grundbuchamt ein aufschiebend – suspensiv – bedingtes Wohnrecht im Grundbuch eintragen muss oder ablehnen darf (zum Entscheid vgl. Bundesgericht in 5A_518/2018).

Entscheidung
Bedingung oder Befristung
Gemäss Vertrag erlangte das Wohnrecht erst mit dem Tod des Alleineigentümers Gültigkeit. Der Tod dürfte keine Bedingung (unsicher, dass …), sondern ein Termin sein (sicher dass …, aber unsicher wann …). Die Unterscheidung ist allerdings nicht von Bedeutung, weil das Bundesgericht im vorliegenden Zusammenhang Termin und Bedingung gleich behandelt.

Aufschiebende oder auflösende Bedingung
Das Wohnrecht sollte erst mit dem Tod des Alleineigentümers Gültigkeit erlangen, war also bei Vertragsabschluss noch nicht entstanden, sondern sollte erst mit Vertragsabschluss entstehen. Die Rechtswirkung, die Entstehung des Wohnrechts, wurde also auf später verschoben. Es lag eine aufschiebende – suspensive – Bedingung vor.

Eintragungsprinzip
Das Grundbuchsystem lebt vom Eintragungsprinzip. So entsteht ein dingliches Recht an einem Grundstück, wie z.B. eine Dienstbarkeit, erst mit der Eintragung in das Grundbuch. Der öffentlich beurkundete Vertrag ist nur eine Vorbereitungshandlung für die Entstehung des dinglichen Rechts. Bei einem suspensiv bedingten Rechtsgeschäft würde mit der Anmeldung ein dingliches Recht im Grundbuch eingetragen, welches noch gar nicht entstanden wäre. Im vorliegenden Fall wäre, würde die Eintragung zugelassen, ein Wohnrecht im Grundbuch eingetragen, welches noch gar nicht entstanden ist. Der Alleineigentümer lebte zum Zeitpunkt der Anmeldung noch. Dritte würden deshalb bei Einblick ins Grundbuch getäuscht. Die Eintragung von aufschiebend bedingten dinglichen Rechten im Grundbuch widerspricht den Forderungen nach Klarheit, Sicherheit und Vollständigkeit des Grundbuchs. Eine Anmeldung von aufschiebend bedingten dinglichen Rechten ist deshalb zurückzuweisen.
Aus diesem Grund können aufschiebend (suspensiv) bedingte Wohnrechte – noch – nicht im Grundbuch eingetragen werden.

Entscheidung
Das Grundbuchamt hat die Anmeldung zur Eintragung des suspensiv bedingten Wohnrechts zurecht zurückgewiesen. Bei der Anmeldung muss der Eintritt der Bedingung, hier der Tod des Alleineigentümers, feststehen.

Fazit
Mit der Notwendigkeit, dass bei der Anmeldung zur Eintragung des Wohnrechts der Tod des Alleineigentümers feststehen muss, entpuppt sich die Problematik des vorliegenden Geschäfts. Die Anmeldung durch den Alleineigentümer ist damit gar nicht möglich, da er für die Gültigkeit des Geschäfts gestorben sein muss (Nachweis mit Todesschein). Ob aber seine Erben die Anmeldung mit Begeisterung unterschreiben werden, ist mehr als fraglich. Mit einem eingetragenen lebenslänglichen Wohnrecht sinkt der Verkehrswert der Liegenschaft massiv. Es dürften allenfalls sogar Pflichtteilsverletzungen vorliegen.

The Advisor – Recht