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Kündigung eines Mietverhältnisses

Eines der wichtigsten Rechtsinstitute, bei welchem die Interessen der Parteien regelmässig aufeinanderprallen, ist die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter. Das gilt vor allem dann, wenn im Gebiet Wohnungsnot herrscht, wie in Genf oder Zürich. Der Gesetzgeber hat versucht, einen Kompromiss zu finden. Wenn die Kündigung des Vermieters Treu und Glauben widerspricht, kann sie vom Mieter angefochten werden (Art. 271 Abs. 1 OR). Was aber eine Verletzung von Treu und Glauben ist, muss im Einzelfall beurteilt werden. Richtlinien geben die Art. 271a OR und Art. 2 ZGB. Ein Beispiel für die Probleme bei der Beurteilung bietet ein Entscheid des Bundesgerichts in 4A_694/2016 vom 4. Mai 2017.

Sachverhalt
Der Mietvertrag wurde im September 1996 abgeschlossen. Gegenstand war ein Restaurant, gelegen im Kanton Genf. Gemäss Vertrag galt eine feste Mietdauer von 5 Jahren. Wenn nicht auf Ende der 5 Jahre gekündigt wurde, verlängerte sich das Mietverhältnis um weitere 5 Jahre. Der Vermieter kündigte nun das Mietverhältnis im Dezember 2012 auf Ende Dezember 2015. Grund für die Kündigung war die vom Vermieter beabsichtigte Zusammenführung des Restaurants mit einer im gleichen Objekt liegenden Bar. Der Vermieter war der Ansicht, dass die Anwesenheit des Mieters während den Arbeiten nicht möglich sei. Auf Begehren des Mieters hoben die Gerichte im Kanton Genf die Kündigung auf. Dagegen wehrte sich der Vermieter.

Anwendbare Rechtsnormen
a) Einhalten von Kündigungsfristen und -terminen
Jede Mietvertragspartei kann den Mietvertrag kündigen, wenn die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen und –termine eingehalten werden.
b) Einhaltung der Formularpflicht durch den Vermieter
Der Vermieter hat zudem mit dem amtlichen Formular zu kündigen.
c) Kein Verstoss gegen Treu und Glauben (Grundsatz)
Auch wenn die Kündigung des Vermieters die Kündigungsfristen und –termine sowie die Formularpflicht einhält, kann sie vom Mieter unter Berufung auf eine Verletzung von Treu und Glauben angefochten werden.
Entscheidend für die Beurteilung sind die Motive der Kündigung. Der Mieter hat deshalb das Recht, vom Vermieter eine Begründung der Kündigung zu fordern (Art. 271 Abs. 2 OR).
Liegt die Begründung vor, wird geprüft, ob diese korrekt ist und den tatsächlichen Verhältnissen entspricht (Wahrheitsprüfung). Anschliessend, wenn dies der Fall ist, wird geprüft, ob mit der Kündigung positiv ein objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse verfolgt wird und negativ die Interessen des Mieters nicht übermässig beeinträchtigt werden (Interessenprüfung). Schliesslich ist die Realisierbarkeit des Vermieterinteresses (Machbarkeitsprüfung) zu prüfen, wobei diesbezüglich die Behauptungs- und Beweislast beim Mieter liegt.
d) Spezialfall Umbauten, Renovationen und Sanierungen
Spezielle Anforderungen gelten bei Umbauten, Renovationen und Sanierungen im Mietobjekt. Wohl liegt ein schützenswertes Interesse vor, wenn Renovationen, Umbauten oder Sanierungen durchgeführt werden. In solchen Fällen wird dann zusätzlich geprüft, ob diese Arbeiten nicht in Anwesenheit des Mieters ausgeführt werden können, In diesem Fall wäre eine Kündigung gar nicht notwendig. Um diese Frage beurteilen zu können, muss zum Zeitpunkt der Kündigung ein ausgereiftes Bauprojekt vorliegen, welches die Interessenbeurteilung ermöglicht.

Entscheidung
Im vorliegenden Fall lag ein ausgereiftes Bauprojekt nicht vor, weshalb die Genfer Instanzen die Kündigung aufhoben.
Das Bundesgericht war anderer Meinung. Das Bundesgericht hielt korrekterweise fest, dass es vorliegend gar nicht primär um Umbau-, Renovations- oder Sanierungsarbeiten in einem Mietobjekt ging, sondern dass die Zusammenlegung von zwei getrennten Mietobjekten (Restaurant und Bar) Absicht des Vermieters war. Damit entstand ein völlig neues Mietobjekt. Ein solches Interesse des Vermieters ist schützenswert, weshalb die Kündigung nicht hätte aufgehoben werden dürfen.

Fazit
Wenn ein Vermieter einen Mietvertrag kündigt, tut er gut daran, sich über die Motive und Absichten der Kündigung vorgängig klar zu werden und diese im Kündigungsschreiben verständlich darzulegen. Belegen Motive und Absichten des Vermieters ernsthafte Interessen, dürfte die Kündigung durchdringen.

The Advisor