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Streit um Farbe der Hausfassade

Sachverhalt
Am 31. Mai 2010 schlossen die Mietparteien einen Mietvertrag betreffend „Restaurant / Bar“ in einer Liegenschaft, in welchem auch ein Hotel geführt wurde. Das Hotel wurde vom Vermieter betrieben. Das Mietobjekt umfasste Kellerräume im UG, ein Restaurationslokal mit Küche im EG, ferner im OG sowie eine Gartenwirtschaft bzw. Terrasse im Aussenbereich. Mitbenutzungsrechte wurden an Parkplätzen, am Treppenhaus und an den WC-Anlagen vereinbart. Es wurde eine feste Vertragsdauer von fünf Jahren bis 31. Mai 2015 vereinbart und der Mieterin zwei Optionen auf Vertragsverlängerung um je fünf Jahre eingeräumt. Ende September 2014 übte die Mieterin ihre Option auf Vertragsverlängerung bis Ende Mai 2020 aus. Mit der Zeit kam es zwischen den Parteien zu Differenzen über viele kleinere Punkte. Gröber war die nachfolgende Differenz. Die Mieterin veranlasste im Jahr 2015 einen Anstrich der Fassade der Liegenschaft bis zur Höhe des ersten Stockwerks in einer von der übrigen Fassadenfarbe abweichenden Farbe. Der Anstrich wurde während der Ferienabwesenheit des Vermieters ohne Einwilligung des Vermieters, sogar gegen dessen Willen ausgeführt wurde. Der von der Mieterin veranlasste Anstrich der Fassade hätte von der Baubehörde bewilligt werden müssen. Wegen diesem formellen Verstoss musste der Vermieter auf Druck der Gemeinde ein Farbkonzept vorlegen. Das Konzept hatte der Vermieter nach Erhalt der Bewilligung auf seine Kosten umzusetzen. Die Realisierung erfolgte 2016 und kostete rund Fr. 35‘000.00. Am 31. Juli 2015 mahnte der Vermieter die Mieterin wegen Vertragsverletzungen ab. Der Vermieter setzte der Mieterin Frist bis Ende August 2015, um den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. Für den Fall, dass sie dem nicht nachkommen und allenfalls neue oder gleichartige Pflichtverletzungen begehen sollte, drohte der Vermieter der Mieterin die Kündigung des Mietverhältnisses an. Die Mieterin kam der Aufforderung nicht nach. Der Vermieter kündigte daraufhin das Mietverhältnis auf Ende Oktober 2015. Der Mieter wehrte sich gegen die Kündigung, u.a. mit dem Argument, die Fassade sei gar nicht Bestandteil des Mietobjektes. Das Mietgericht Uster und das Obergericht des Kantons Zürich wiesen die Klage des Mieters ab.

Streitgegenstand / Problemstellung
Zu entscheiden war die Frage, ob die ausserordentliche Kündigung des Vermieters auf Ende Oktober 2015 rechtens war. Besonders kritisch war dies vorliegend, weil die Kündigung währen einer festen Laufzeit des Mietverhältnisses ausgesprochen wurde (zum Entscheid vgl. Bundesgericht in 4A_647/2017).

Entscheidungsgrundlagen
1. Grundsatz: Einhalten der vertraglich vereinbarten Mietdauer
Grundsätzlich ist eine feste Mietvertragsdauer vom Vermieter einzuhalten.

2. Ausnahme: Ausserordentliche Kündigung nach Art. 257f Abs. 3 OR
Allerdings kann sich der Vermieter in besonderen Fällen von dieser festen Dauer befreien. Einen solchen Fall einer vorzeitigen, deshalb ausserordentlichen, Kündigung sieht Art. 257f Abs. 3 OR bei Sorgfaltswidrigkeit des Mieters vor.
Zusammenhang der Sorgfaltswidrigkeit mit dem Mietobjekt
Die Sorgfaltswidrigkeit muss einen Eingriff in das Eigentum des Vermieters bzw. in das Objekt der Vermietung darstellen. Das Objekt, in welches eingegriffen wird, muss im Zusammenhang mit dem Gebrauch durch den Mieter stehen, also Gegenstand des Mietverhältnisses sein. Das ist, wie für das eigentliche Mietobjekt, auch für allgemein zur Verfügung stehende Einrichtungen wie Lift, Treppenhaus, Waschküche etc. der Fall.
Fortsetzung trotz Abmahnung
Die ausserordentliche Vermieterkündigung setzt eine schriftliche Abmahnung und eine trotz dieser Abmahnung erfolgende erneute oder andauernde Pflichtverletzung des Mieters voraus.
Schwere der Pflichtverletzung
Die Pflichtverletzung muss zudem eine gewisse objektive Schwere aufweisen, so dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten ist.

3. Entscheidungsnorm
Nachzuweisen sind vom Vermieter die Voraussetzungen einer ausserordentlichen Kündigung wegen schwerer Sorgfaltswidrigkeit durch den Mieter (vgl. Ziffer 2).

Entscheidung
Das Bundesgericht bejahte die Voraussetzungen für die ausserordentliche Kündigung. Insbesondere bejahrte es den Zusammenhang zwischen Fassade und Mietobjekt.

Fazit
Wenn ein Vermieter wegen Sorgfaltswidrigkeiten des Mieters ausserordentlich, d.h. auf einen Termin vor Ablauf der festen Mietvertragsdauer kündigen will, müssen schwere Verletzungen und leicht beweisbare Sachverhalte vorliegen. Der Vermieter riskiert sonst eine erfolgreiche Anfechtung der Kündigung durch den Mieter.

The Advisor – Rund um Immobilien