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Verpfändung einer Familienwohnung

Sachverhalt
Die Ehefrau besass eine Liegenschaft im Kanton Waadt. Bewohnt wurde sie von ihr und ihrem Ehemann. Es handelt sich unbestritten um ihre Familienwohnung. Im Jahr 2009 nahm die Ehefrau bei einer Bank ein Darlehen über CHF 9.0 Mio. auf. Als Sicherheit wurden der Bank Inhaberschuldbriefe übertragen, welche die Liegenschaft belasteten. Da die Ehefrau das Darlehen nicht zurückzahlen konnte, wurde sie betrieben. Eine Kopie der Betreibung ging auch an ihren Ehemann. Dieser wehrte sich gegen die Betreibung mit dem Argument, die Liegenschaft sei Familienwohnung und, weil er zur Verpfändung seine Zustimmung nicht erteilt hätte, sei die Pfanderrichtung nichtig.

Streitgegenstand / Problemstellung
Zu entscheiden war die Frage, ob bei der Errichtung der Pfandsicherheit gegenüber der Bank die Zustimmung des Ehegatten hätte eingeholt werden müssen, weil es sich beim Pfandobjekt um die Familienwohnung der Ehegatten handelte (zum Entscheid vgl. Bundesgericht in 5A_203/2016).

Entscheidungsgrundlagen
1. Grundregel für Familienwohnungen
Nach Art. 169 ZGB kann ein Ehegatte bei einer Familienwohnung nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des andern einen Mietvertrag kündigen, das Haus oder die Wohnung der Familie veräussern oder durch andere Rechtsgeschäfte die Rechte an den Wohnräumen der Familie beschränken. Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen. Werden solche Rechtsgeschäfte ohne die erforderliche Zustimmung des Ehegatten abgeschlossen, sind sie nichtig.
2. Was ist eine Beschränkung der Familienwohnung durch andere Rechtsgeschäfte
Das Bundesgericht hält im Entscheid fest, dass auch bei der Errichtung von Grundpfandrechten die Familienwohnung gefährdet sein könne.
Eine solche Gefährdung liegt in der Regel vor, wenn der Kreditbetrag die Schranke von 2/3 des Verkehrswertes der Liegenschaft überschreitet.
Unabhängig von einer solchen Schranke liegt eine Gefährdung aber auch dann vor, wenn offensichtlich ist, dass angesichts der wirtschaftlichen Situation des Schuldners der Schuldenddienst (Zahlung von Amortisation und Zinsen) nicht gewährleistet ist oder die Familienwohnung sonstwie gefährdet ist, also die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Schuldners nicht gegeben ist.
3. Entscheidungsnorm
Nachzuweisen sind also für die Nichtigkeit einer Pfanderrichtung bei einer Familienwohnung entweder die übermässige Belehnung des Grundstückes (Pfandrecht ist grösser als 2/3 des Verkehrswertes) oder die fehlende Tragfähigkeit (Schuldendienst ist nicht gewährleistet). Beweisbelastet ist der Ehegatte, welcher die Nichtigkeit der Pfanderrichtung behauptet.

Entscheidung
Das Bundesgericht verneinte im vorgelegten Fall die übermässige Belehnung, weil der Ehegatte es versäumte, den massgeblichen Verkehrswert der Liegenschaft zu belegen. Die Pfanderrichtung blieb also im Rahmen des Betreibungsverfahrens gültig.

Fazit
Wird eine Liegenschaft belehnt, ist immer zu prüfen, ob sich auf der Liegenschaft der Familienwohnsitz befindet. Da ein Grundbuchbeamter meist keine Angaben zum Verkehrswert besitzt, wenn er ein Pfandrecht errichtet, wird er bei einer Familienwohnung wohl immer die Zustimmung des Ehegatten einholen.

The Advisor – Recht